Liebe Mitglieder,
der Deutsche Bundestag hat am 27.03.2020 zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie die zeitlich befristete Aussetzung von vertraglichen Verpflichtungen beschlossen.
Für den Bereich des Zivilrechts soll mit diesem Gesetz eine Stundung für die Erfüllung vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt werden.
Für wen gelten diese Regelungen?
Hier ist zu unterscheiden: Einige Reglungen sind nur auf betroffene Verbraucher (Privatpersonen) und Kleinstunternehmen (Unternehmen mit maximal 9 Arbeitnehmern) anzuwenden, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können.
Insolvenzrecht
Zunächst ist für jede/n Unternehmer/in die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags im Falle der Zahlungsunfähigkeit nach § 15a der Insolvenzordnung bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Damit besteht derzeit für alle Unternehmen auch bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht die Gefahr einer Insolvenzverschleppung.
Gewerbemietrecht
Ebenso gilt für alle Mietverträge, dass Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen können, dass der Mieter fällige Mieten in der Zeit zwischen dem 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 nicht bezahlt. Dies setzt jedoch voraus, dass die Zahlung auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen der fehlenden Leistung und der Pandemie ist daher glaubhaft zu machen. Die vorsorgliche Einstellung von Mietzahlungen ist daher unzulässig. Vielmehr muss der Mieter ggfs. darlegen, dass er die vereinbarten Mieten nicht mehr leisten kann. Hier ist zu berücksichtigen, dass die vereinbarte Miete lediglich gestundet wird.
Im Bereich des gewerblichen Glücksspiels empfehlen wir daher, vor Einstellung der Mietzahlung sich die bestehende Zahlungsunfähigkeit durch den/die Steuerberater/in empfehlen zu lassen. Andernfalls setzten sich die Mieter der Gefahr aus, dass Vermieter eine wirksame Kündigung der Mietverträge über Spielhallen oder Gaststätten aussprechen.
Sonstige Verträge
Die Einstellung von Zahlungen bei allen anderen Verträgen (z.B. Darlehensverträge, Leasingverträge oder Gerätemietverträge) ist allein Verbrauchern (Privatpersonen) und Kleinstunternehmen mit nicht mehr als 9 Arbeitnehmer/innen möglich.
Damit soll die Grundversorgung (Strom, Gas, Telekommunikation, soweit zivilrechtlich geregelt auch Wasser) nicht abgeschnitten werden. Voraussetzung ist jedoch auch hier, dass die Zahlung aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr möglich ist, ohne die wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs zu gefährden.
Das vorgesehene Leistungsverweigerungsrecht soll ausgeschlossen sein, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Veränderungen der allgemeinen Lebensumstände dieses für den Gläubiger unzumutbar ist und zur Gefährdung dessen wirtschaftlichen Grundlagen seines Gewerbebetriebs zur Folge hätte. In diesem Fall kann der Schuldner den Vertrag kündigen.
Bereits aufgrund des Schwellenwertes von lediglich maximal 9 Arbeitnehmern wird die Möglichkeit der Zahlungsstundung von sonstigen Verträgen sowohl im Bereich der Spielhallen als auch der Gastronomieaufstellung auf den überwiegenden Teil unserer Mitgliedsunternehmen keine Anwendung finden.
Zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage, empfehlen wir daher folgende Punkte zu prüfen:
1. Anordnung von Kurzarbeit
Derzeit ist nicht abzusehen, wie lange die Schließung von Spielhallen und Gaststätten angeordnet bleibt. Aufgrund der Schließungen sind nahezu sämtliche Arbeitsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer/innen entfallen. Da die Schließung jedoch nur zeitlich begrenzt ist, sollte der Arbeitsausfall durch die Anordnung von Kurzarbeit kompensiert werden. Bei betriebsbedingten Kündigungen gegenüber Sozialversicherungspflichtigen und damit kurzarbeitsberechtigten Arbeitnehmern/innen ist gerade bei Unternehmen, die dem Kündigungsschutz unterliegen (u.a. regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer/innen beschäftigen) ist Vorsicht geboten, da die Anordnung der Kurzarbeit als milderes Mittel zu Kündigung zu sehen ist.
Verbessertes Krisen-Kurzarbeitergeld (KuG)
Am 27.03.2020 ist das „das Gesetz für leichteren Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2“ (sog. Sozialschutz-Paket) verabschiedet, das helfen soll, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger abzufedern.
In diesem Sozialschutz-Paket ist u.a. eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes enthalten. Die Ausweitung hilft schnell und gezielt, wenn Unternehmen mit ihren Beschäftigten durch das Corona-Virus Arbeitsausfälle haben. Dazu werden die Voraussetzungen für den Bezug von KuG erleichtert:
Des Weiteren regelt das Sozialschutz-Paket einen vereinfachten Zugang zur Grundsicherung und zum Kinderzuschlag, den Einsatz von sozialen Diensten in der Corona-Hilfe, Regelungen zum nötigen Personal zur Aufrechterhaltung von Gesundheitsdienst und Infrastruktur sowie Entschädigungen wegen Kita- und Schulschließung.
2. Mit Vertragspartnern eine zeitlich beschränkte Reduzierung verhandeln
Zwar ermöglicht das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (siehe oben) jedem Gewerbebetrieb auch im Falle der Zahlungsunfähigkeit die Spielhallen oder Gaststätten weiterhin zu nutzten, ohne sich der Gefahr einer außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges auszusetzten. Kleinunternehmer können darüber hinaus sonstige Versorgungs- und Mietverträge aussetzten. Dies entbindet den Betreiber jedoch nicht davon, die rückständigen Mieten nachträglich zu entrichten.
Wir empfehlen daher, dass ggf. die Betreiber und Gastwirte Kontakt mit ihren Vermietern aufnehmen und mit diesen einen Verzicht auf die Miete/Zahlung oder einen Teil dieser verhandeln.
Bei einer Verständigung über die Reduzierung des Mietzinses für den Zeitraum der Schließungen ist das Schriftformerfordernis des § 550 BGB unbedingt zu beachten. Eine zeitweise Reduzierung des Mietzinses muss zwingend schriftlich erfolgen, da andernfalls die vereinbarte Mietlaufzeit als auch die ggf. vereinbarten Optionen unwirksam werden.
Download Muster Vereinbarung Mietreduzierung >>>
Anbei fügen wir Ihnen ein Muster für einen entsprechenden Stundungsantrag an:
Download Muster Stundungsantrag Steuern >>>
4. Die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen beantragen
Frist für die Stellung des Antrags auf Beitragsstundung bei den Krankenkassen bzw. Einzugsstellen war der 26. März 2020. Es ist jedoch davon auszugehen, dass aufgrund der aktuellen Lage auch jetzt noch für März 2020 gestellte Anträge berücksichtigt werden.
Download Muster Stundungsantrag Sozialversicherung >>>
Wie gewohnt stehen wir Ihnen natürlich für Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
RA Tim Hilbert